Freitag, 5. Februar 2010

Fahren durch den Malkasten

Die Eindrücke der letzten Tage zu beschreiben fällt nicht leicht. Beim Durchklickern durch die Unmenge an Fotos, die wir geschossen haben, wird uns ganz schwindelig. Die Farben und die Massstäbe dieser Landschaften sind kaum fassbar und lassen einen ehrfürchtig werden.

Fangen wir beim Parque Triasico Ischigualasto an, der wegen seiner teilweise mondähnlichen Landschaft auch Valle de la Luna genannt wird und zusammen mit dem Parque Nacional Talampaya zum UNESCO Welt-Natur-Erbe gehört. Durch das Aufeinanderprallen der Kontinentalplatten haben sich hier die ursprünglich aufeinander liegenden Schichten der verschiedenen Erdzeitalter senkrecht aufgestellt und dadurch entsprechend die Landschaft geformt.

Da man in der 62000 ha weiten Ebene Fossilien aus dem gesamten Trias, d.h. dem gesamten Dinosaurierzeitalter, findet und die Landschaft sicherlich einige zu einer Crossfahrt abseits der Piste einlädt, kann man nur in einer Karawane aus mehreren Autos zusammen mit einem Ranger in das Tal fahren. An besonderen Stellen wird angehalten, um Erklärungen zu bekommen und um Fotos zu schiessen.

Am nächsten Tag entschlossen wir uns aufgrund der brütenden Hitze in den bizarren Canyon von Talampaya nicht mit der geführten Fahrradtour, sondern mit einem 4x4 LKW inkl. Sonnendeck zu fahren, was sich voll gelohnt hat. Am Anfang der Schlucht haben Indianer Zeichen in den roten Stein gekratzt, wodurch sich ihr Alter kaum zuordnen lässt. Über hundert Meter ragen die Felswände rechts und links senkrecht auf, bilden architektonische Strukturen und lassen das Echo widerhallen. Man kann sich vorstellen, wie hier die ersten europäischen Siedler durchgezogen sind und von den Felsen aus durch die Ureinwohner beobachtet wurden.

Bevor wir uns auf dem Weg zum Paso Aguas Negras machten, folgten wir dem Geheimtipp eines Argentiniers und liessen uns mit einem klapprigen Mercedes von einem Ranger zum wegen seiner vielen Farben „Arco Iris“ (span.: Regenbogen) genannten Tal fahren. Die Fahrt ging durch die Steppe auf ausgetrockneten Flussläufen, die sich jeweils nur kurzfristig bei Regen mit Wasser füllen, was vor knapp zwei Wochen der Fall war – deshalb sind überall in der Umgebung die Strassen noch mit Sand überschwemmt. Die vielen Farben der Steine dieses Abschnitts des Parks sollen u.a. durch einen inzwischen erloschenen Vulkan hervorgerufen worden sein sowie durch Oxidationen von Eisen, Kupfer und anderen Metallen. Am Ende einer kleinen Wanderung durch einen einsamen, stillen Canyon kommt man zu einer kärglichen Quelle, an der die frischen Spuren von Guanacos zu sehen sind.

Nach dieser Tour ging es weiter nach Rodeo, dem letzten argentinischen Dorf vor dem Pass. Auf dem Campingplatz dort rettete Cornelius mich vor einer angstvollen Nacht, in dem er eine widerliche, blitzschnelle Spinne tötete, die durch unser offenes Fenster gekommen sein musste und sich in unserem Küchenschrank versteckt hatte. Man muss dazu sagen, dass ich vorher auf einem Plakat gelesen hatte, dass es hier nicht nur ungefährliche Spinnen gibt...Brrr...

Die sich stetig steigernde Dramaturgie der Fahrt über den Pass Aguas Negras glich einer fesselnden Geschichte. Zum Schluss platzen uns fast die Köpfe vor Bildern, Farben, Grösse, Wind, Sonne und vor allem wegen der Höhenluft. Ein unvergessliches Erlebnis. Wie in einem einleitenden Vorfilm geht es die ersten 400 m auf einer Hochebene mit starkem Seitenwind entlang einer schnurgeraden Strasse den Anden entgegen hinein in die ersten Täler. Wegen Bauarbeiten an über die Strasse getretenen Bächen fahren wir die ersten Kilometer in einer kleinen Autokolonne, die sich aber bald in der Weite der Täler auflöst. Wir kommen an bizarren Schneefeldern vorbei, blicken in die Weite der Täler, in denen Strassen und Autos kaum zu erkennen sind und lassen uns glücklich und durch die Höhenluft leicht angegriffen auf der Passhöhe von 4780 m die Haare durch den Wind zerzausen. Auf der Abfahrt kommen wir an Bergen vorbei, die ein Künstler mit seinen Farben nicht prächtiger hätte gestalten können. Unglaublich. Ich wünsche mir einen Malkasten mit diesen Farben.

Leider traten mit der weiteren Fahrt auch Kopfschmerzen auf, die die Wagenkontrolle durch einen stasitauglichen, chilenischen Zollbeamten zu einer Marter werden liess. Zum Glück war nach dem Zollposten die Strasse wieder asphaltiert, was die Fahrt bis ins Valle de Elqui erleichterte. Hier wird an den trockenen Berghängen Wein angebaut, der mit Gazenetzen vor Wind und Schädlingen geschützt wird. Man glaubt ein Kunstwerk von Christo vor sich zu haben.

Heute ruhen wir uns auf dem Campinglatz „Glarus“ in Paihuano mit seinen netten Betreiberinnen aus, die Cornelius beim Kauf des leckeren, noch ofenwarmen Brotes (Pan amasado) ausrichteten, dass ich (als treusorgende Ehefrau) gerne morgen mal beim Zubereiten zuschauen kann...

4 Kommentare:

  1. Was sind das denn für Gespenster, die da den Berg
    hochlaufen? Ist das Salz?
    Und dann hätte ich gern 2 der runden Kullern für
    meinen Garten, die würden sich da gut machen.
    Die Farben sind wirklich phantastisch.
    Wäre auch was für mich gewesen.
    Weiter so---Ma

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  2. Ich hätte auch gern zwei der runden Kullern für meinen Garten. Was sind das denn? Helmut sagt, es seien Manganknollen, die sich ursprünglich auf einem Meeresboden gebildet haben. Ich bin mehr für Dinosuarierknödel.
    Dort in der Gegend soll ja auch eines der höchstgelegenen Dörfer der Welt zu finden sein. Welche Tricks gibt es denn bei den Einheimischen in diesen Höhen zu leben und zu arbeiten?
    Viele Grüße
    Renate

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  3. Die Kullern haben sich angeblich als Sedimente um Skelette gebildet - soweit wir das verstanden haben. Mitbringen wird schwierig, da haben die Argusaugen der Parkwächter gewacht, da schon sehr viele geklaut wurden. Das Salz, das den Berg hochkriecht, ist übrigens ewiger Schnee, der hier durch den Wind zerzaust wird.
    Ein Heilmittel gegen die Höhen ist rohe Zitrone und rohe Zwiebel. Wirkt!
    In Bolivien kauen sie dagegen Kokablätter, die Wirkung kennen wir noch nicht.

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  4. Leute, das ist ja unfassbar schön da. Diese Farben! Diese Strukturen! Welch ein Phänomen diese Eisspitzen inmitten glattgebügelter Sandlandschaft. Inspirationen ohne Ende. Ich gerate ins Schwärmen :-) Einfach toll!!!

    Ich hoffe, am Macchu Picchu trocknet es derweil.
    Liebe Grüsse aus dem Eiswind,
    Caroline.

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