Von Potosi aus haben wir eine Dreitagestour nach Uyuni zum Salar und zu den in allen Reiseführern zum Pflichtprogramm erkorenen Lagunen im Südwesten gebucht, angeblich mit allen anfallenden Kosten und Verpflegung inbegriffen. Mit dem eigenen Auto hatten wir ja bereits – im Nachhinein Gott sei Dank – von der chilenischen Seite die Lagunenstrasse nicht befahren, und die Strecke Potosi-Uyuni ist eine im Ausbau begriffene Rüttelpiste. Also blieb das Büssli in Potosi, und wir stiegen als Backpacker in den nach Schweiss und Koka stinkenden Hühnerbus, der Busfahrerstreik war mittlerweile beendet und durch einen Universitätsstreik abgelöst worden. Auf der sechsstündigen Fahrt hatten wir bereits die erste Reifenpanne.
Wie schlecht die Tour von der Agentur in Potosi organisiert worden war, bemerkten wir bereits abends bei Ankunft in Uyuni. Falsch markierter Ort des Hostals auf der Karte und niemand aufzufinden, der das Hostal überhaupt kennt. Die Herberge ist dann eher ein Rohbau mit ausgelegten Teppichresten gewesen, für die wir nach feinster Rucksackreisenden-Abzocke einen (für Bolivien horrenden) Aufpreis für ein privates Bad bezahlt hatten. Das winzige Kaff, das ehemals ein Eisenbahnknotenpunkt zwischen Chile, Argentinien und Bolivien gewesen ist, lebt heute nur noch von Tourismus. Das funktioniert, trotz der enormen Abgelegenheit scheinen die meisten Reisenden sich diesen Programmpunkt nicht entgehen lassen zu wollen, ca. 300 Tour-Jeeps durchpflügen den äussersten Südwesten Boliviens. Wie beliebt man als Tourist hier ist, hatten wir ja bereits kurz nach der Einreise nach Bolivien erlebt, als uns eine glühende Che Guevara-Verehrerin auf ihrem Motorrad mit einem Stinkefinger begrüsste. Hier in Uyuni wurde es noch eine Ecke persönlicher, als ein kleiner Junge Angela stolz vor die Füsse spuckt und die ganze Familie breit dazu grinst. Bereits da hatten wir gar nicht mehr so grosse Lust auf die Tour.
Nach einer winzigen Verzögerung von ca. 2h ging es dann am nächsten Tag Richtung Salar. Eng gequetscht in einem Toyota Landcruiser fuhren wir los mit Fahrer, gleichzeitig Guide, aber ohne angekündigter Köchin und mit vier argentinischen chicas, die uns mit ihrer Lebensfreude den Trip überhaupt haben überleben lassen.
Der Salar de Uyuni ist zusammen mit den Lagunen und auch dem Titicacasee das Überbleibsel eines riesigen Binnenmeeres, das es hier einmal gegeben hat. Mit Auffaltung der Kordilleren ist das Wasser abgetrocknet und hat das grösste Salzvorkommen auf der Erde hinterlassen. Hier liegen auch enorme Lithiumvorräte, die man nun durch den steigenden Bedarf an wiederaufladbaren Batterien beginnt abzubauen, fernab der Touristenaugen natürlich. Durch die Regenzeit ist der Salar derzeit bis zu einem halben Meter tief geflutet, die Jeeps fahren aber im Schritttempo durch bis zu ein paar aus Salzquadern gebauten Baracken, hier euphemistisch „Salzhotels“ genannt.
Der Reiz am gefluteten Salar liegt neben seiner schier unbegreiflichen Grösse an den Spiegelungen im Wasser, die den Horizont verschwinden lassen. Zu den im Programm angekündigten kakteenbewachsenen Inseln, von denen man einen grösseren Überblick hätte haben können, kann man derzeit wegen der Wassertiefe leider nicht gelangen.
So steht an diesem ersten Tag nichts weiteres auf dem Programm, als bis zum Refugio zu gelangen, einer Herberge in einer noch weitaus desolateren Siedlung. Hier durften wir für das Duschrinnsal einen Aufpreis zahlen, und der Fahrer hat dann für den nächsten Tag eine der Töchter der Herbergsfamilie spontan als Köchin engagiert, die – um für die Essenszubereitung immer genügend ausgeruht zu sein – natürlich auf dem Beifahrersitz Platz nehmen durfte, während wir dummen zahlenden Touristen uns jeweils zu dritt auf die hinteren Bänke quetschen konnten.
Am zweiten Tag sollte es zu den Lagunen gehen, der Laguna colorada und der Laguna verde, die um die Mittagszeit durch den aufkommenden Wind ihre Farbe von transparent in ein intensives Türkis verwandelt. Tags vorher hatte uns der Fahrer zigmal blumig erklärt, dass er – anders als alle anderen Touren – den Ablauf so gestalten würde, dass man genau das sehen würde. Nun allerdings hatten wir einen längeren Disput mit ihm darüber, ob man nun die Laguna zum oder nach dem Farbwechsel erreichen würde. Am Schluss hat er uns eingeschnappt in einem äusserst waghalsigen Ritt über die Rüttelpiste gejagt, um das für „mediodia“ angekündigte Spektakel dann doch noch sehen zu können. Dabei ist mir der immer noch aus Sucre verdorbene Magen fast geplatzt. Leider war der Wind an dem Tag so stark, dass der Farbwechsel bereits vollzogen war, als wir Punkt zwölf ankamen. So lange hält man es auf 4.500müNN und mit steifer Brise dann auch nicht dort aus. Nach dem Pflichtfoto und einer Portion von der Köchin aufgewärmten aber sofort wieder kalten Nudeln sind wir aufgebrochen zu ein paar Geysiren mit blubbernden Schwefelquellen, um dann zur rötlichen Laguna colorada weiter zu fahren, an der auch unser nächstes refugio sein sollte. An der Laguna hatten wir dann ganze 10 Minuten, denn der Fahrer wurde nervös, da er Angst hatte, dass wir keinen Platz mehr in der Herberge bekämen.
So war dieser Ausflugstag bereits um 4 Uhr nachmittags beendet, und der Fahrer konnte uns leider auch nicht mehr zurück fahren zur Laguna, da er hier - mitten in der Wüste – erstmal das Auto waschen musste. Nebenbei gesagt, für Duschen war kein Wasser vorhanden.
Die Herberge ist unglaublich ranzig – was angesichts der Abgeschiedenheit noch zu verkraften wäre, wenn hier nicht täglich Hunderte von zahlenden Touris eintreffen würden.
Der letzte Tag unserer Tour brachte uns zunächst zu winderodierten Felsen in der Sandwüste, einer davon in Form eines Baumes, dem arbol de piedra. In dem flachen Morgenlicht war das eine sehr schöne Szenerie. Teilweise liegen die Felsen so vereinzelt in den unendlichen Sanddünen, dass sie wie die surrealen Landschaftsbilder von Dali erscheinen.
Ganz und gar real waren dann die zwei Reifenpannen, die wir innerhalb einer halben Stunde hatten. Mit nur einem Ersatzreifen ist das dann nicht so einfach, aber hier in der Einöde dauert es nicht lange, bis der nächste Jeep vorbeikommt, der einem einen Reifen ausleihen kann...
Entlang einiger weiterer Altiplano-Lagunen, an denen trotz Schwefelschlamm und Boraxkruste viele Flamingos leben, sind wir zurück nach Uyuni gefahren, um fluchtartig den letzten Bus zurück nach Potosi zu erwischen. Dort konnten wir uns um zwei Uhr achts auf Hostalsuche begeben, beim vierten Anlauf haben wir dann auch eine extrem überteuerte Bleibe gefunden. Mann, wie geniessen wir nun wieder im Büssli zu sitzen und selber darüber entscheiden zu können, wann es wohin geht. Letztlich empfanden wir die Lagunentour als total überschätzt, wenn man vorher bereits in Chile die viel einfacher zu erreichenden Salare und Geysire gesehen hat.
Wir sind nun in der spektakulären Stadt La Paz im Hotel Oberland, einem von Schweizern geführten Hotel, dessen Hof DER Anlaufpunkt für Autoreisende ist. Die Anreise hierher war ein weiteres Abenteuer. Von der auf ca. 4000müNN gelegenen Hochebene Altiplano kommend fährt man zunächst nach El Alto mit der Königskordillere im Hintergrund. Dann geht es plötzlich unvermittelt abwärts in die Schlucht des Rio Orkojahuira, in der La Paz geschützt vor den Hochlandwinden einst gegründet worden war. Wir kamen in der Dämmerung an, und La Paz lag glitzernd über 1000m unter uns – wie beim Landeanflug mit dem Flugzeug. Wie in Bolivien üblich ohne jegliche Beschilderung suchten wir den Weg nach unten in den Talkessel und fanden ihn entlang einer der steilen Rampen, die die Bremsen zum Glühen bringen. Auf dem Hof des Oberland im Dunkeln endlich angekommen, erwarteten uns Toni und Jan aus Hannover mit ihrem Landy, die wir ja bereits aus Punta Arenas kannten, und mit denen wir unsere Autos nach Deutschland zurückverschiffen werden. Herrlich, nach dieser Odyssee mit den zwei Lieben uns ein bisschen zu erholen und die Erfahrungen auszutauschen. Wir erholen uns bei gemütlichem Sightseeing über die Märkte der Stadt, auch wenn wir erstmal die bei der Tour unvermeidlich eingefangene Erkältung auskurieren müssen, und brechen bald auf Richtung Titicacasee.
ein blog, ein blog! und was für ein interessanter.
AntwortenLöschenaber: oh nein, kleine ganze babyvicunas am haken an der wand? hm, ich geh mal zu fielmann und frage, ob es eine filterbrille gibt, die grausamkeiten wegfiltert... dagegen war das fischbuffet auf dem markt in Sevilla damals ein lacher.
eine vielleicht naive frage: die Bolivianer leben doch auch vom tourismus, warum behandeln sie touristen dann so schäbig? jetzt wundert es mich doch nicht mehr, dass die Lufthansa Bolivien nicht anfliegt.
trotz allen strapazen habt Ihr sehr schönes gesehen, danke, dass wir teilhaben können.
¡Que te mejores! Carolina.
Das ist wirklich ein spannender Beitrag! Im Fernsehen sind bei uns in Deutschland die Südamerika Filme sehr geschönt. Eure Erlebnisse sind für spätere Reisende wichtig und wir freuen uns, dass Ihr das alles ohne bleibende Blessuren überstanden habt.
AntwortenLöschenCornelius hätte sich mit seinen Magenschwierigkeiten bei richtiger Windrichtung am Fahrer rächen können. Hat er aber nicht.
alles Liebe
Renate
Hola desde Argentina!!! que bueno recibir noticias de ustedes! Disfruten Peru! Nosotras ya estamos desinfectadas y en contacto con gente buena onda! jajaja. Los esperamos en Buenos Aires para comer un ASADO preparado por gente del sub desarrollo!!!! Muchos besos. Sol!
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